Ostersonntag – Wenn der Stein sich bewegt
- rogertroger
- 20. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Am Ostermorgen geschieht etwas Ungeheuerliches. Die Frauen gehen im ersten Licht des Tages zum Grab – und finden es geöffnet. Der Stein, der am Freitag Abend noch kalt und schwer das Grab Jesu verschlossen hatte, ist weggewälzt. Was sie dort finden, ist keine Leiche. Keine bleibende Dunkelheit. Sondern ein leerer Ort – und ein göttliches Wort: „Er ist nicht hier. Er ist auferstanden“ (Lk 24,6).
Für viele Menschen – besonders für vielwahrnehmende Persönlichkeiten – ist dieser Moment nicht einfach ein dogmatisches Wunder. Er ist eine existenzielle Bewegung: Der Stein, der so lange auf der Seele lag, kommt ins Rollen. Raum entsteht. Licht fällt ein. Und mit ihm: Hoffnung.
Die Theologie der geöffneten Grenze
Ostern ist kein Widerspruch zum Tod – sondern seine Überwindung von innen heraus. Jesus wird nicht einfach „wieder lebendig“, sondern durchschreitet den Tod. Der Osterglaube ist kein Verdrängen von Schmerz, sondern seine Transformation. Das Grab bleibt Teil der Geschichte – aber es wird geöffnet. Das ist zentral.
Der Stein ist dabei mehr als ein historisches Detail. Er steht für all das, was uns gefangen hält: Angst, Scham, Resignation, Schuld, Sprachlosigkeit. Und doch: Dieser Stein ist nicht das Ende. Gott öffnet verschlossene Räume. Die Auferstehung ist kein Beweis, sondern ein Ruf – heraus aus der Enge, hinein in das Leben.
Neurosensitivität und das Auferstehungsgeschehen
Erhöht neurosensitive Menschen nehmen Übergänge intensiver wahr. Sie spüren feine Veränderungen in Stimmungen, sie erkennen Brüche früher – aber sie leiden auch tiefer unter Schwere, innerem Druck und existenzieller Orientierungslosigkeit. Für sie kann das Bild des Ostermorgens besonders heilsam sein.
Der Ostermorgen sagt: Auch wenn alles stillstand – etwas bewegt sich. Auch wenn es noch dunkel ist – das Licht hat schon begonnen. Auch wenn du noch nichts fühlst – die Geschichte ist nicht zu Ende.
Gerade vielwahrnehmende Menschen spüren die Tiefe dieses Geschehens oft auf besondere Weise: Nicht als Knall, sondern als sanftes Aufgehen. Als leises Erwachen. Als inneres Wissen: Es ist etwas geschehen. Nicht sichtbar – aber real. Nicht laut – aber tragend.
Der Stein ist weg – aber das Leben beginnt vorsichtig
Ostern ist keine triumphale Show. Die ersten Reaktionen der Jüngerinnen sind Erschrecken, Ratlosigkeit, Staunen. Es dauert, bis sie begreifen. Auferweckung braucht Zeit. Auch das ist ein starkes Zeichen für Menschen, die tief fühlen: Dass das Neue sich erst langsam formt. Dass Hoffnung Raum braucht. Dass Heilung nicht sofort sichtbar ist, aber begonnen hat.
Der weggerollte Stein ist ein Bild für diesen Prozess: Die Öffnung kommt zuerst. Der Blick wird frei. Die Luft wird heller. Und dann – erst dann – wächst der Mut, sich aus der Deckung zu wagen. Der Stein schafft Raum. Nicht für das Alte. Sondern für das, was jetzt werden darf.
„Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Ostern beginnt mit einer Frage. Nicht mit einer Antwort.
Impuls:
Was ist in Dir verschlossen? Welcher Stein lastet auf Deinem Innersten?
Spürst Du eine Bewegung – vielleicht ganz leise? Ein wenig mehr Licht, ein wenig mehr Weite?
Dann bleib einen Moment in dieser Wahrnehmung. Nicht als Druck. Sondern als Einladung:
Was darf heute neu werden – nicht aus eigener Kraft,sondern weil Raum da ist, den Du nicht selbst geschaffen hast?
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